Wegen Corona: Lufthansa bettelt in der Schweiz

 

Text von Regula Heinzelmann

 

28. April 2020

 

Die Lufthansa-Tochter Swiss, bzw. Swiss-Chef Thomas Klühr, beantragte in der Schweiz Staatshilfe und das trotz Milliarden-Gewinnen der Lufthansa insgesamt und überdurchschnittlich guten Geschäftsergebnissen der Swiss. Natürlich haben die Schweizer Steuerzahler seit dem Verkauf 2005 von den Gewinnen nichts erhalten.

 

Der Schweizer Bundesrat hat an seiner Sitzung vom 29. April 2020 entschieden, die Fluggesellschaften Swiss und Edelweiss bei der Überbrückung von Liquiditätsengpässen mit Garantien zu unterstützen. Wenigstens werden noch Bedingungen gestellt:

Die vom Bund garantierten Mittel dürfen nur den schweizerischen Infrastrukturen dienen (keine Abflüsse an die Muttergesellschaften ins Ausland), und zukünftig erwirtschaftete Mittel sind prioritär zur Rückzahlung der Liquiditätshilfen zu verwenden, also keine Dividenden oder konzerninterne Rückführungen oder Transfers, bis die Darlehen vollständig getilgt sind.

 

https://www.admin.ch/gov/de/start/dokumentation/medienmitteilungen.msg-id-78944.html

 

 

Gewinne privatisieren – Verluste vergesellschaften

 

Der Vorstand der Deutschen Lufthansa AG hat am 24. Juni 2019 beschlossen, die Dividendenpolitik des Konzerns zu verändern. Zukünftig sollen 20 bis 40 des Konzerngewinns, bereinigt um einmalige Gewinne und Verluste, ausgeschüttet werden. Die Ausschüttungsspanne der neuen Dividendenpolitik bietet mehr Flexibilität, um kontinuierliche Dividendenzahlungen zu ermöglichen. Nach dem Geschäftsbericht von 2019 soll für den Konzern jederzeit eine Liquidität von mindestens 2,3 Mrd. EUR aufrechterhalten werden. Angenommen – so ein Fachmann – der Konzern braucht in dieser Krise pro Stunde eine Million Euro für laufende Kosten wäre es möglich, 95 Tage Stillstand zu finanzieren, weitere Bilanzzahlen siehe unten.

 

https://www.lufthansagroup.com/de/themen/geschaeftsbericht-2019.html

 

 

Also wäre als erstes die Lufthansa für Krisenhilfe gegenüber der Swiss zuständig und nachher der Deutsche Staat. Die Schweiz sollte sich da heraushalten, wir haben mit unserer eigenen Wirtschaft genug zu tun.

 

Andere Möglichkeit: Man könnte die Swiss zurückkaufen, wie man bei der SVP meint.  «Der Bund darf die Swiss retten, aber nur wenn er oder Schweizer Investoren die Firma zurückkaufen können», sagt SVP-Nationalrat Thomas Matter (ZH) gegenüber der Handelszeitung (Ringier Axel Springer Schweiz AG).

 

https://www.handelszeitung.ch/unternehmen/svp-stellt-harte-bedingungen-fur-swiss-rettung

 

Hier findet man ein Interview mit Michael Winkler, Analyst für Airlines bei der ZKB, und Andreas Wittmer, Leiter der Forschungscenter für Aviatik an der Universität St. Gallen zum Thema. Demnach bekommt die Swiss bereits Hilfe vom Staat in Form von Kurzarbeitsentschädigung, damit könne die Swiss ihre Erfolgsrechnung entlasten. Etwa ein Drittel der Kosten der Lufthansa-Gruppe seien Fixkosten, wovon ein grosser Teil die Mitarbeiterlöhne ausmachten, sagt Winkler. Die Schweiz würde die Swiss aber nicht unbedingt brauchen, obwohl die Swiss das natürlich stark betone. Landesfluggesellschaften haben heute nicht mehr die gleiche Bedeutung wie vor 30 Jahren.

 

https://www.20min.ch/finance/news/story/So-koennte-die-Rettung-der-Swiss-ablaufen-25786236

 

https://www.airliners.de/schweiz-staatshilfen-swiss/54399

 

https://www.handelszeitung.ch/unternehmen/svp-stellt-harte-bedingungen-fur-swiss-rettung

 

Die Schweizer Airline holten sich die Deutschen zum Schnäppchenpreis von 310 Millionen Euro. Dabei entpuppte sich die Airline bereits ein Jahr später als Juwel: Die zuvor defizitär fliegende Swiss brachte einen Gewinn von 263 Millionen Franken. Zuletzt stieg der operative Gewinn auf 561 Millionen Franken, das berichtete die Handelszeitung Ende Oktober 2018. Und weiter: Die Swiss erwirtschaftete damals nur rund 12 Prozent des Umsatzes der Lufthansa, aber leicht über 18 Prozent des Gewinns (auf Stufe Ebit). Konkret lag die operative Gewinnmarge bei der Swiss bei rund 11 Prozent. Die Fluglinie Lufthansa kommt bloss auf 9,8 Prozent, Austrian auf weniger als 6 Prozent. Eurowings war gar defizitär unterwegs.

 

https://www.handelszeitung.ch/unternehmen/die-swiss-ist-die-cashcow-der-lufthansa

 

2019 war die Swiss stabiler als die anderen Konzern-Gesellschaften, musste jedoch auch einen Gewinnrückgang (Adjusted Ebit) um 17 Prozent auf 558 Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr hinnehmen. Die Zahl der Fluggäste stieg dabei um sechs Prozent auf 21,5 Millionen, auch der Umsatz legte um sechs Prozent zu.

 

https://www.airliners.de/lufthansa-gewinnrueckgang-corona-prognose/54338

 

https://investor-relations.lufthansagroup.com/fileadmin/downloads/de/finanzberichte/geschaeftsberichte/LH-GB-2018-d.pdf

 

Auszüge aus dem Geschäftsbericht der Lufthansa von 2018

 

„Unter Einbeziehung des Beteiligungsergebnisses von 35 Mio. EUR (Vorjahr: 19 Mio. EUR) erzielten die Network Airlines ein Adjusted EBIT von 2.429 Mio. EUR, 6 % über Vorjahr (Vorjahr: 2.296 Mio. EUR). Damit lag die Adjusted EBIT-Marge bei 10,7 %, 0,9 Prozentpunkte über Vorjahr (Vorjahr: 9,8 %). Bereinigt um den IFRS 15-Effekt lag der Anstieg bei 0,2 Prozentpunkten. Ohne die Umstellung der Bilanzierung von Triebwerkswartungsereignissen hätte das Adjusted EBIT im Jahr 2018 2.273 Mio. EUR betragen, was dem Niveau des Vorjahres entsprochen hätte (Vorjahr: 2.263 Mio. EUR). Das EBIT der Network Airlines verminderte sich gegenüber Vorjahr um 7 % auf 2.549 Mio. EUR (Vorjahr: 2.749 Mio. EUR). Es lag damit 120 Mio. EUR über dem Adjusted EBIT (Vorjahr: + 453 Mio. EUR). Im Geschäftsjahr 2018 beruhte die Differenz vor allem auf Erträgen aus der Änderung von Pensionsplänen, insbesondere für Cockpit-Mitarbeiter von SWISS.“

 

„Die Umsatzerlöse von SWISS sind 2018 primär mengenbedingt um 4 % auf 4.897 Mio. EUR gestiegen (Vorjahr: 4.727 Mio. EUR). Bereinigt um den IFRS 15-Effekt lagen die Umsatzerlöse um 5 % über Vorjahr. Die Gesamterlöse stiegen bereinigt um den IFRS 15-Effekt um 6 %. Die operativen Aufwendungen sind um 3 % auf 4.494 Mio. EUR gestiegen (Vorjahr: 4.343 Mio. EUR). Bereinigt um den IFRS 15-Effekt lagen die operativen Aufwendungen um 5 % über Vorjahr. Dabei stiegen insbesondere die Treibstoffkosten um 15 %. Die Technikkosten sanken um 9 %.

Das Adjusted EBIT stieg entsprechend um 11 % auf 593 Mio. EUR (Vorjahr: 534 Mio. EUR). Damit lag die Adjusted EBITMarge bei 12,1 %, 0,8 Prozentpunkte über Vorjahr (Vorjahr: 11,3 %). Ohne den Effekt aus der geänderten Bilanzierung von Kosten aus Triebwerksüberholungen wäre das Adjusted EBIT um 14 % gestiegen.“

 

Kein Wort davon, dass von diesen Gewinnen etwas in die Schweizer Staatskasse geflossen ist. Das einzige, wovon einige Schweizer allenfalls profitieren ist eine 2018 eröffnete SWISS First Class-Lounge im Flughafen Zürich.

 

 

Warum haben die Schweizer Verantwortlichen der Swiss nicht selber zu solchen Gewinnen gebracht und sie stattdessen in die Pleite manövriert?

 

Denn das war leider der Fall, als man 2004 über den Verkauf an die Lufthansa verhandelte. Laut Geschäftsbericht beliefen sich die Nettoschulden der Swiss Ende 2004 auf knapp 600 Millionen Franken. Hinzu kamen rund 500 Millionen Franken Verpflichtungen im Zusammenhang mit operativen Leasingverträgen, die sich über neun Jahre erstrecken. Daneben war Swiss Verträge für neue Flugzeuge im Volumen von 900 Millionen Franken eingegangen.

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/unternehmen/luftverkehr-lufthansa-uebernimmt-swiss-1214526.html

 

Anfang der 10er Jahre gab es wieder eine Krise in der Lufthansa, dazu folgenden Bericht.

https://www.handelszeitung.ch/unternehmen/swiss-schubumkehr

 

Fazit: All diese Zahlen und Berichte lassen nur eine Handlungsweise zu. Die  Lufthansa Deutschland muss ihrer Tochter hier in der Schweiz unter die Flügel greifen und nicht die Schweizer Eidgenossenschaft!

 

 

Titelbild

 

Stratosphäre, gemalt und fotografiert von Regula Heinzelmann

 

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