Von der Euphorie zur Depression: Wo ist Hoffnung?

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Den Text von Gero Greb über 30 Jahre Wiedervereinigung findet man hier:

 

https://www.europa-konzept.eu/texte-von-gero-greb/30-jahre-wiederausbeutung/

 

 

Text von Regula Heinzelmann

 

2. Oktober 2020

 

Als Schweizerin bin ich seit Jahrzehnten intensiv mit Deutschland verbunden. Nicht nur, dass ich viele Deutsche Freunde habe, Deutsche Verlage publizierten auch meine Bücher und Texte. Und seit 2009 habe ich einen zweiten Standort in Berlin. Diese lebendige Stadt mit viel Kultur hat mich seit der ersten Reise dorthin 1990 immer gut gefallen. 

 

Auch wir Schweizer verfolgten 1989 und 1990 mit Spannung die Ereignisse in Deutschland und Osteuropa, damals hauptsächlich im Fernsehen, das Internet gab es noch nicht. Zeitungen waren manchmal buchstäblich Schnee von gestern. Später erfuhr ich dann, dass auch viele Westberliner am 9. November völlig überrascht wurden von der Öffnung der Mauer.

 

In Deutschland bekam ich auch einige Inspirationen für mein Europäisches Konzept, das ich auf dieser Webseite präsentiere. Die Initialzündung dafür war die Nachrüstungsdebatte im November 1983. Es ging damals darum, ob man Atomraketen (Pershing-II) in Deutschland stationieren sollte. Ich war der Meinung, dass Europa sich unabhängig machen muss von den USA und der Sowjetunion. Damals entwickelte ich die Idee des vereinigten Europas als Bundesstaat. Als ich es den Verlegern präsentierte, meinten die so eine Utopie würde keiner lesen. Die Mauer stünde wohl noch hundert Jahre, diese Meinung war weit verbreitet. 2016 schrieb ich das Konzept von Bundesstaat auf Staatenbund um, aber ohne viel zu ändern. Inzwischen hatte ich gelernt, dass man die unterschiedlichen Völker von Europa nicht in einen Staat zwängen kann, sondern eine Organisation mit hoher Souveränität für die Staaten braucht. Die Völker sollen mitentscheiden können, welche gemeinsamen Gesetze sie übernehmen wollen und auch die Exekutive einer solchen Organisation wählen können. Natürlich war mir schon in den achtziger Jahren klar, dass eine Umsetzung solcher Ideen Jahrzehnte dauern würde.

 

https://www.europa-konzept.eu/eine-neue-organisation-für-europa/

 

Unterstützt und manchmal konstruktiv kritisiert wurden meine Ideen in den 80er und 90 Jahren von Persönlichkeiten der echten Elite. Einige davon (leider gestorben) waren aktive Hitlergegner der Kriegsgeneration. Ihnen bin ich es schuldig, mich intensiv dagegen zu wehren, dass Vertreter des Merkel-Regimes es wagen, meine politischen Freunde und mich als „Nazis“ zu bezeichnen. Überhaupt, es ist absolut nicht zu begreifen, warum Helmut Kohl und Thomas de Maiziére diese DDR-Aktivistin, siehe Weltwoche Artikel im folgenden Link, politisch unterstützt hat. Schon 2005 war ich der Meinung, dass Angela Merkel nicht in die CDU, sondern in eine linke Partei gehören würde. Nun hat sie es fast geschafft, ganz Deutschland zu einer DDR zu machen. Die tapferen Ossis gerieten also vom Regen in die Traufe. Mehr dazu habe ich in folgendem Text geschrieben.

 

https://www.europa-konzept.eu/geben-sie-gedankenfreiheit-schiller/faktische-diktatur/

 

Den Deutschen wünsche ich, dass sie diese für ein Kulturvolk unwürdige Entwicklung beenden können und dass sie die Euro-, Corona und andere Krisen erfolgreich bewältigen.  So wird eine echte Wiedervereinigung entstehen!

 

Als ich mich vor zehn Jahren im östlichen Stadtteil von Berlin einlebte war "Ostalgie" grosse Mode. Damals schrieb ich das folgende Gedicht, das heute noch aktuell ist. 

 

Das Lied von der Ostalgie

2010

 

Die alte Tante DDR, die ist seit 20 Jahren tot

Damals herrschte grosser Jubel, es sei vorbei die Not

Wir haben jetzt den Wohlstand, Freiheit, Demokratie

Doch schlich sich mit den Jahren langsam ein die Nostalgie.

Es ist nicht unverständlich, wenn man hier lebt und sieht

Was nach „wir sind das Volk!“ oft heute so geschieht.

 

Refrain:

Wir hatten zwei Systeme und mit beiden ging es schlecht

Was soll die Ostalgie?

Schafft was Neues, nutzt euer Recht!

Ohne Gewalt, jedoch mit Fantasie

Jetzt ist die rechte Zeit, sonst ändert es sich nie!

 

Die Stasi überwachte durch massive Spitzelei

Lässt man euch jetzt in Ruhe mit der Datenschnüffelei?

Man wird von Google ausspioniert

Im Warenhaus, da kontrolliert man mit RFID

Politiker betreiben mit Daten Hehlerein

Dagegen war die Stasi fast ein ehrlicher Verein!

 

In der DDR, da herrschte eine Meinungstyrannei

Aber was ist jetzt geworden aus der Freiheitsjubelei?

Man wird zwar heute meistens nicht gerade interniert

Doch mit Correctness wird man schikaniert

Heimtückisch schleicht und nervt die kleine Alltagstyrannei

Und die Gedanken – ja, bis wann sind die noch frei?

 

In der DDR da musst’ man lange auf den Trabi warten

Doch ist heut der Verkehr nicht häufig wie ein Kindergarten?

Um Bagatellen zu erfassen lauern die Kontrollekisten

Und es ist nicht erlaubt mit Technik sie zu überlisten

Fährt man S-Bahn ohne Ticket wird man kriminalisiert

Und zwar auch wenn die S-Bahn gar nicht richtig funktioniert

 

In der DDR, da musste man mit wenig sich bescheiden

Müssen heute nicht auch viele durch die Wirtschaft leiden?

Klaut man ein altes Brötchen fliegt man heraus, ruck zuck

Die Pleitegeier fliegen mit dem goldnen Klauendruck

Hast Du ein kleines Unternehmen, dann bekommst Du kaum Kredit

Doch decken die Konzerne mit Staatsgeld ihr Defizit

 

Wir haben freie Wahlen, so frohlockte man einmal

Wo gibt’s neue Ideen, hat man wirklich eine Wahl?

Die Parteien publizieren stets den gleichen Quatsch

Die PolitikerInnen haben unter sich oft Knatsch

Und ihr bezahlt es, darum stellt Konditionen

Und verlangt doch endlich einmal echte Qualifikationen!

 

 

 

 

Titelbild 

 

 

"Brennpunkt Berlin", gemalt und fotografiert von Regula Heinzelmann

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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© Regula Heinzelmann