Vertrauensinfrastruktur mit offenem Quellcode – Widerspruch in sich

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Text von Regula Heinzelmann

 

 

 

29. September 2025

 

Leider hat das Schweizer Stimmvolk gestern der E-ID zugestimmt. 

Mit einer Mehrheit von 50.39 Prozent. 

 

 

https://www.bk.admin.ch/ch/d/pore/va/20250928/index.html

 

 

Der hohe NEIN Anteil wird von den Politikern als Misstrauen gegen den Staat interpretiert. Und dieses ist auch in der Schweiz berechtigt.

 

Die E-ID soll nach Gesetz zwar freiwillig sein, aber viele kritische Bürger bezweifeln, dass das so bleibt. Jedenfalls muss man sich wehren, sobald der Staat oder auch Unternehmen Zwang ausüben. 

 

Informationen über das Gesetz siehe unten.

 

Bedenklich ist der hohe Anteil der Stimmberechtigten, die nicht stimmen gingen, nämlich 50.45 Prozent. In der Schweiz gibt es kaum einen Grund, nicht stimmen zu gehen, weil dies per Brief wochenlang vor dem Termin und dazu noch Stellvertretung möglich ist. Letztere kann allerdings missbraucht werden. 

 

Da gilt natürlich: Wer nicht wählt, der nicht zählt.

 

Ein grosser Schweizer - Gottfried Keller oder Pestalozzi meinte sinngemäss: Wer zu bequem ist, seine Bürgerrechte zu nutzen verdient sie nicht. 

 

 

Abstimmungsbeschwerde

 

Übrigens wird eine Abstimmungsbeschwerde eingereicht und zwar weil der IT-Dienstleister Swisscom, der mit dem Staat eng verbunden ist, für JA-Propaganda gespendet hat. Das geht natürlich gar nicht.

Selber bin ich auch Kundin der Swisscom und mit den Dienstleistungen zufrieden.

Aber ich erwarte, dass solche Unternehmen politisch neutral sind und nicht Gebühren der Kunden für politische Propaganda ausgeben.

Wird die Beschwerde akzeptiert, muss die Abstimmung wiederholt werden.

 

https://www.nzz.ch/schweiz/gegner-der-e-id-reichen-abstimmungsbeschwerde-ein-ld.1903726

 

 

 

7. Juli 2025

 

Ein staatlich anerkannter elektronischer Identifikationsnachweis (E-ID) soll den Schweizer Einwohnern ermöglichen, mittels eines digitalen Beweises ihre Identität zu belegen. Der Staat tritt dabei als Herausgeber der E-ID auf und sorgt für den Betrieb der nötigen Infrastruktur. Das Bundesgesetz über den elektronischen Identitätsnachweis und andere elektronische Nachweise (E-ID-Gesetz, BGEID) soll gewährleisten, dass die technischen und organisatorischen Massnahmen, die zur Ausstellung und Verwendung von elektronischen Nachweisen getroffen werden, der Art und dem Ausmass der Datenbearbeitung angemessen und geeignet sind.

 

Man hat erfolgreich das Referendum gegen dieses Gesetz ergriffen und am 28. September 2025 findet die Abstimmung statt.

 

Wünschenswert ist ein deutliches NEIN!

 

Die Flugblätter, siehe oben, kann man gern auch ausgedruckt verteilen oder in sozialen Medien weiterverbreiten. 

 

 

Der folgende Beitrag beruht auf dem Gesetzestext und öffentlichen Erläuterungen dazu, Kommentare sind fett gedruckt.

 

Das Gesetz regelt

  • die vom Bund zur Verfügung gestellte Infrastruktur zum Ausstellen, Widerrufen,
  • Überprüfen, Aufbewahren und Vorweisen von elektronischen Nachweisen, genannt Vertrauensinfrastruktur
  • die Rollen und Verantwortlichkeiten bei der Bereitstellung und Nutzung dieser
  • Infrastruktur
  • den vom Bund ausgestellten elektronischen Identitätsnachweis für natürliche
  • Personen (E-ID) und andere elektronische Nachweise.

 

Die Grundrechte der betroffenen Personen sind zu schützen durch Datenschutz und Datensicherheit, durch Technik und datenschutzfreundliche Voreinstellungen, Datensparsamkeit und dezentrale Datenspeicherung. Die Daten sollen nachvollziehbar und wieder verwendbar sein – für wen? Schon das widerspricht dem Prinzip der Datensparsamkeit.

 

Die Vertrauensinfrastruktur und das Informationssystem zur Ausstellung und zum Widerruf der E-ID sind jederzeit unter staatlicher Kontrolle. Elektronische Nachweise durch Private und Behörden sollen sicher ausgestellt und verwendet werden ohne dass die technische Entwicklung im Zusammenhang mit elektronischen Nachweisen unnötig eingeschränkt wird.

 

 

E-ID Kostenlos für Privatpersonen

 

Die E-ID wird vom Bundesamt für Polizei (fedpol) mittels der Vertrauensinfrastruktur als elektronischer Nachweis ausgestellt (BGEID Art. 13). Wer eine E-ID will, muss sie beim fedpol beantragen (BGEID Art. 16). Es können gleichzeitig mehrere E-ID beantragt werden. Minderjährige und Personen unter umfassender Beistandschaft müssen die Einverständniserklärung der gesetzlichen Vertretung dem Antrag beilegen. Wer die E-ID beantragt, muss seine Identität prüfen lassen (BGEID Art. 17). Die E-ID wird nur ausgestellt, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (BGEID Art. 18).

 

 

Wichtig: Personen, für welche die E-ID beantragt wird, bezahlen keine Gebühren für die Ausstellung und den Widerruf der E-ID. Unternehmen zahlen Gebühren.

 

Wer elektronische Nachweise ausstellen möchte, kann die Vertrauensinfrastruktur nutzen (BGEID Art. 5). Dieser Text ist unklar, denn laut Diskussionspapier tritt als Aussteller ausschliesslich der Bund auf, der Text könnte sich höchstens darauf beziehen, dass man später private Aussteller zulässt, was aber speziell zu regeln wäre und zwar auf Gesetzesebene mit Referendumsmöglichkeit.

 

 

Alarmstufe Rot: Offener Quellcode

 

Das Bundesamt für Informatik und Telekommunikation BIT legt den Quellcode der Software der Vertrauensinfrastruktur offen (BGEID Art. 12). Es veröffentlicht den Quellcode oder Teile davon nicht, solange die Rechte Dritter oder sicherheitsrelevante Gründe dies ausschliessen oder einschränken würden. Zur koordinierten Offenlegung von Schwachstellen veröffentlicht es Richtlinien. Es überprüft mit geeigneten Dritten regelmässig die Sicherheit der Vertrauensinfrastruktur.

 

Die Aussteller und Verifikatoren melden dem Bundesamt für Cybersicherheit jeden Cyberangriff auf ihre Systeme (BGEID Art. 11). Der Bund kann – muss aber nicht?-  Systeme betreiben, die beim Vorweisen des elektronischen Nachweises die Privatsphäre der Inhaber schützen (BGEID Art. 4).

 

Für jeden, der ein Ahnung von IT hat, müsste dieser offene Quellcode Alarmstufe Rot sein und Grund genug, das Gesetz abzulehnen. Quellcodes können manipuliert werden und sich einzubilden, dass man Daten von 9 Millionen Einwohnern mit offenem Quellcode sicher speichern kann. Das ist Grössenwahn und zeugt auch von Unwissenheit über internationale Machenschaften, z.B. von China und Russland, auf dem Gebiet der Cyberkriminalität!

 

 

Weitere Argumente für ein wuchtiges NEIN

 

Die bisherigen analogen Ausweise sind der E-ID in Datensparsamkeit und Sicherheit weit überlegen.

Der Staat kann die E-ID jederzeit für obligatorisch erklären, was zwar einen referendumsfähigen Gesetzesartikel voraussetzen würde, aber die Coronazeit hat gezeigt, dass der Bundesrat sich mit Verordnungen über solche Anforderungen gern hinwegsetzt.

Die E-ID fördert die unnötige Speicherung von Personendaten. Unternehmen, Personen oder Staaten, siehe oben, können mittels der E-ID Daten sammeln, verknüpfen, analysieren, z.B. für Werbung oder Politik.

Man kann bzw. muss alles mit Handys abwickeln, was viele Leute praktisch finden, andere empfinden es als Zwang, wiederum andere können mit einem Handy gar nicht umgehen.  

 

 

Die wahren Absichten verrät das Diskussionspapier zum «Zielbild E-ID».

 

Damit werden laut Bundesamt für Justiz „medienbruchfreie Prozesse in der Verwaltung und bei Unternehmen möglich, welche heute auf Seiten der Einwohnerinnen und Einwohner wie auch auf Seite der Verwaltung und bei Unternehmen unnötige Aufwände verursachen.“ Am 7. März 2021 lehnte das Volk das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste (BGEID) ab. Nach der damaligen Vorlage hätte der Bund anerkannten privaten E-ID-Anbietern die technische Umsetzung der E-ID überlassen.

Das täten einige Politiker wohl auch jetzt noch gern oder hoffen, dass das später akzeptiert wird.

 

Das Ambitionsniveau 2 ist ein System, in welchem die staatliche E-ID eine Basis-Identität darstellt, auf welcher viele weitere staatlich regulierte Nachweise aufbauen, wie z. B. der digitale Führerausweis. Dabei liefert die Basis-Identität die Personeninformationen wie Name, Geburtsdatum und Gesichtsbild. Der Führerausweis-Zusatz bräuchte nur noch die zusätzlichen Attribute wie Fahrzeugkategorie und Gültigkeitsdatum zu ergänzen. Durch kryptografische Verknüpfungen würde eine Abhängigkeit zur Basis-Identität entstehen. Bei logischen Verknüpfungen könnte ein weiterer staatlicher Nachweis auch allein stehend funktionieren und wäre nicht betroffen, wenn z. B. die Basis-Identität geändert werden müsste.

 

Das Ambitions-Niveau 3 bietet das grösste Potential. Eine Verknüpfung zur E-ID ist dabei möglich, ein digitaler Nachweis kann jedoch auch unabhängig der E-ID sein, z. B. ein Veranstaltungs- oder ÖV-Ticket, ein Mitgliederausweis, der Impfausweis eines Haustieres – allenfalls auch Impfausweise von Personen mit sensiblen Daten -  ein Fahrzeugausweis oder die Bescheinigung einer erfolgreichen Motorfahrzeugkontrolle für ein Auto.

 

Die Ausstell-Fähigkeit von Privaten ist denn auch entscheidend, machen doch im Alltag von Privat zu Privat ausgestellte Nachweise eine gewichtige Anzahl aus. Somit lassen sich mit standardisierten Mitteln viele Prozesse medienbruchfrei umsetzen, z. B. im Kunden-, Lieferanten- und Angestelltenmanagement und überall dort, wo Ausweise, Belege und Zertifizierungen im Spiel sind. Für den Benützer hat dies den Vorteil, dass die Anwendung (empfangen, speichern, präsentieren) immer identisch ist und sich damit ein kollektives Verständnis von digitalen Nachweisen etablieren kann. Im System steht nicht mehr die E-ID im Vordergrund, sondern ein staatlich regulierter und gesicherter, dezentraler Aufbewahrungsort, das staatliche Wallet, Wallet – an Stelle von Wallets der Internetgiganten Google, Apple usw. Die EU spricht sich bei der EUid für die Voll-Variante von Level 3 aus, einem Highly Secure Personal Digital Identity Wallet.

 

 

Das Diskussionspapier und andere Unterlagen kann man auf folgender Webseite herunterladen:

 

https://www.bj.admin.ch/bj/de/home/staat/gesetzgebung/staatliche-e-id.html

 

 

 

Digitale Identität in der EU

 

Die EU-Brieftasche für die Digitale Identität (eID) ist die europäische Antwort auf Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Identitätsnachweis. Sie ermöglicht es Nutzern, öffentliche und private Dienstleistungen online und offline in Anspruch zu nehmen, digitale Dokumente abzuspeichern und weiterzuleiten und verbindliche Unterschriften zu leisten. Die Mitgliedstaaten werden diese Brieftaschen allen Bürgern, in der EU ansässigen Menschen sowie Unternehmen bis Ende 2026 zur Verfügung stellen.

 

Die europäische Brieftasche für die Digitale Identität soll einfacheren Zugang zu öffentlichen und privaten Dienstleistungen gewähren. Die EU kündigt den Schutz der personenbezogenen Daten durch verbesserte Cybersicherheit und strengen Sicherheitsstandards an. Es entstünde weniger Bürokratie und geringere Kosten für die Kundenauthentifizierung durch Unternehmen. Weiter würde die digitale Identität eine bessere Betrugsbekämpfung ermöglichen.

 

https://commission.europa.eu/strategy-and-policy/priorities-2019-2024/europe-fit-digital-age/european-digital-identity_de

 

https://www.personalausweisportal.de/Webs/PA/DE/buergerinnen-und-buerger/eID-karte-der-EU-und-des-EWR/eid-karte-der-eu-und-des-ewr-node.html

 

 

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